Ein ganz eigenes Wir-Gefühl


Text: Andreas Rabel via OTZ vom 16.06.2023 / Foto: Dietrich Franke

Das Geraer Rollhockeyteam U17 weiblich: hinten von links: Stefan Zeiss, Lonie Eschrich, Freya Müller, Amelie Franke, Martha Erzigkeit, Rhena Kötter, Doreen Eschrich, vorn: Lara Kaiser, Ronny Eschrich und Clara Oberröder


Warum die Geraer Rollhockey-Bronzemedaille bei den deutschen U17-Meisterschaften so besonders ist und wie das Turnier die Spielerinnen veränderte. Spielgemeinschaft mit IGR Remscheid, um in der NRW-Liga spielen zu können.

 

Gera. Das ist das Schöne am Sport, er ist unberechenbar, schreibt die schönsten Geschichten. Eine schrieben die Geraer Rollhockeyspielerinnen bei den Deutschen Meisterschaften der U17 weiblich in der Düsseldorfer Rollsporthalle „Wir haben uns entschieden, zu den Meisterschaften zu fahren. Ohne Erwartungen, mit dem Ziel, nicht Letzter zu werden“, sagt U17w-Trainer Stefan Zeiß. Nicht Letzter werden? Das passt gar nicht zu den Ansprüchen des RSC Gera, dem Rollhockeyverein im deutschen Osten. „Es war die U17-Meisterschaft“, sagt Stefan Zeiß, „aber wir haben uns mit unserer U15-Mannschaft der Konkurrenz gestellt.“

Umso bemerkenswerter der dritte Platz der Geraerinnen, erzielt mit dem ersten Sieg gegen die Chemnitzerinnen im Spiel um Platz drei.

 

Wir sind nicht nur ein Team geworden, wir sind eine Familie

In der Vorrunde hatte es eine 1:4-Niederlage gegeben im kleinen Finale einen 5:4-Sieg nach Verlängerung. Das Knäuel Freude auf dem Parkett der Rollsporthalle ist sinnbildlich – das zweitägige Turnier hat aus einer Mannschaft eine eingeschworene Gemeinschaft gemacht, als wir in der Sporthalle in Gera-Tinz über die Titelkämpfe sprachen, kam es aus der Runde: „Wir sind eine Familie geworden.“ Da stehen demnächst einige Adoptionen an. Lachen, die Freude über das unerwartet Erreichte schwingt nach, noch immer, auch Tage nach der überraschenden Meisterschaftsmedaille.

Nicht nur dass die U15er bei den Älteren Staub wischten, es war auch das erste Mal, dass die Geraer Mannschaft, in ihren Reihen fünf U15-Nationalspielerinnen, als Mädchenmannschaft aufs Parkett lief. In der U15 ist es üblich, dass gemischte Mannschaften um Tore und Titel spielen. Die U17-Titelkämpfe am Rhein waren für die U17 weiblich ausgeschrieben. Es entwickelte sich ein ganz eigenes Wir-Gefühl, eine Dynamik. Zu Beginn des Turniers klatschten sich die Spielerinnen nach einem Torerfolg ab, so wie gehabt, doch mit jedem Tor und jedem Spiel wurde die Freude ausgelassener, der Erfolg zelebriert, weil der Erfolg ein Erfolg aller ist, alle teilhaben und feiern konnten. Und mittendrin: Lena Weigert, Gastspielerin von der IGR Remscheid. „Das hatten wir vor dem Turnier abgesprochen und uns die Genehmigung vom Verband eingeholt“, sagt Stefan Zeiß.

Am Anfang suchte sie nach jeder Aktion noch den Blickkontakt zum Trainer, war unsicher, doch mit jeder Minute wurde auch sie sicherer und am Ende des Turniers war sie ein Teil des freudigen Knäuels auf dem Parkett.

Ihr Mitwirken soll keine einmalige Aktion gewesen sein. Als Spielgemeinschaft mit der IGR Remscheid möchte sich der RSC Gera an der NRW-Liga beteiligen, sucht die Konkurrenz, um noch besser zu werden. Schon in Düsseldorf schauten die etablierten und traditionell den Ton angebenden Teams aus Nordrhein-Westfalen, was die Geraer machen, wie sie sich geben, sich vorbereiten. „Da war Respekt zu sehen“, sagt Teammanagerin Doreen Eschrich und Kapitänin und Torhüterin Clara Oberröder ergänzt: „Wir haben gekämpft, eine für die andere, unsere Tore bejubelt und wenn es in Gegentor gab, haben wir uns aufgemuntert.“ Für die 13-Jährige hatte die Meisterschaft noch ein besonderes Happy End, der Bundestrainer lud die Siebtklässlerin zum Lehrgang der U17-Nationalmannschaft ein. Am Wochenende sind die Geraer Gastgeber der deutschen U15-Meisterschaften, die Herausforderung für das Trainerteam – Mädchen und Jungen als eine Mannschaft aufs Parkett der Panndorfhalle zu schicken – nur dann ist eine weitere Medaille möglich.